Dr. Melinda Crane
Der Frage «Wie gestalten wir den Umgang mit Nonstop-Crisis?» ging die amerikanische Journalistin und Kommentatorin, Dr. Melinda Crane, in ihrem Vortrag nach. Zunächst bot sie einen Überblick über die aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Geopolitik, Energie, Sozioökonomie und Klima und skizzierte einige wichtige Auswirkungen.
Im internationalen Handel verstärkt sich besonders ein Trend, den Crane hervorhob: die Fragmentierung und Regionalisierung von Handels- und Investitionsströmen. Zahlreiche westliche Unternehmen überdenken zurzeit ihre Beziehungen zu China. Viele agile, international agierende Unternehmen richten ihre Lieferketten neu aus, um näher an den regionalen Märkten zu produzieren und einzukaufen. Experten gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.
Zurzeit gibt es laut ihr in vielen Ländern zudem eine «graue Energiewende»: Länder, die sich vom russischen Öl und Erdgas lösen wollen, verlängern die Laufzeiten von Kohle- und Atomkraftwerken und suchen nach neuen Lieferanten von Flüssigerdgas. Mittel- bis längerfristig steht für sie jedoch außer Frage, dass der Ukraine-Krieg die Skepsis gegenüber fossilen Quellen stärken und eine Wende hin zu Wind, Solar und grünem Wasserstoff beschleunigen wird.
Auch im sozioökonomischen und politischen Bereich sieht sie eine Verknüpfung der verschiedenen Krisen und deren sich verstärkenden Auswirkungen: «Die Pandemie hat die Ungleichheit – sowohl zwischen dem globalen Norden und Süden als auch innerhalb einzelner Staaten – verschärft. Steigende Lebensmittelpreise sind ein starker Motor für soziale Unruhen. Sie könnten in den Demokratien politische Turbulenzen und für die ärmeren Länder ein verlorenes Jahrzehnt bedeuten.» Und auch die Klimakrise ist ein Stressmultiplikator: Die Klimakrise mag von der Pandemie oder dem Ukraine-Krieg getrennt erscheinen, aber da sie systemisch ist, stehen ihre Ursachen und Folgen in Wechselwirkung mit anderen Krisen und verstärken diese.
Doch wie können wir effektiv mit der Non-Stop-Crisis umgehen? Hierfür gab sie fünf Empfehlungen, welche sich zu einem Modus Operandi zusammenfügen lassen, der eine flexible, wirksame Reaktionsfähigkeit gewährleisten kann: Sammlung möglichst vieler Informationen, offene und transparente Kommunikation, Aufbau einer flexiblen Entscheidungsarchitektur, Förderung von Offenheit und Experimentierfreude und Kultivierung von Resilienz. Abschließend gab Crane dem Publikum folgenden Denkanstoß mit: «Wenn es wirklich so ist, dass wir vor anhaltenden Kluster-Krisen stehen, werden wir womöglich unsere Fähigkeiten und Kapazitäten anpassen und entwickeln müssen – nicht nur im Umgang mit unseren Teams, sondern auch im Umgang mit uns selbst.»
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird auf der Website nur die männliche Form verwendet. Diese Form versteht sich explizit als geschlechtsneutral.